Samstag, 25. März 2023

Ihre persönliche Note - die Handschrift


 Liebe Leserin, lieber Leser,

wir haben jetzt bald Ende März, wie die Zeit vergeht. Ich hoffe, Ihnen geht es gut. Haben Sie Ihre Urlaubspläne für dieses Jahr schon umgesetzt bzw. wissen Sie schon, wohin es Sie verschlagen wird?  Werden Sie Ihre Urlaube zu Hause verbringen oder fahren Sie weg?  Ich denke, jede Entscheidung hat etwas für sich. Den Urlaub kann man sehr gut auch in heimischen Gefilden verbringen. Aber auch die Ferne hat natürlich ihre Reize. 

Wenn wir schon bei Urlaub sind: Schreiben Sie noch Ansichtskarten oder tendieren Sie zu WhatsApp-Nachrichten verbunden mit selbst gemachten Fotos?

Ich bin ja jemand, der gerne sich die Zeit nimmt fürs Schreiben von Ansichtskarten, händisch meine ich.  Da mache ich es mir gemütlich bei einem Tee, wo immer ich bin und schreibe. Das schöne ist auch immer das Aussuchen von Karten für die entsprechende Person. Und während ich so schreibe, denke ich an den einen oder anderen, an den  die Karte verschickt werden soll.
Ich erfreue mich immer, wenn ich "händisch" schreibe. Mir macht es Freude, auf schönem Papier mit einem tollen Stift / Kugelschreiber / Füller zu schreiben.
Ich finde, im Alltag kommt das zu kurz, da wir geneigt sind, Tastatur von PC, Tablet & Co. zu nutzen.
Und weil ich das Thema Handschrift, das aus meiner Sicht "Kultur" ist, gerade in unserer heutigen schnelllebigen Zeit  zu kurz kommt,  habe ich vor einigen Tagen ein Interview mit einer Expertin rund um die Handschrift geführt. Ich bedenke mich, dass die Kalligraphin und Typographin Rosemarie Kloos-Rau (Rau Design und Kommunikation, Wiesbaden) mir Rede und Antwort gestanden hat.

Im Folgenden können Sie das Interview mit ihr lesen. Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Schmökern.


Rund um die Kultur der Handschrift

Business Gespräch mit der Kalligrafin, Typografin und Dozentin Rosemarie Kloos-Rau,Rau Design und Kommunikation Wiesbaden                                                 

                                                           

„Schon während meines Designstudiums an der FH Wiesbaden habe ich mich auf die Kalligrafie und Typografie als Studienschwerpunkt konzentriert. Ein internationaler Schriftkunstpreis, den ich erhalten habe, hat mich darin noch bestärkt.    

Foto: Cornelia Renson, Wiesbaden
 Nach meinem Diplom habe ich sehr viele kalligrafische Schriftzüge für Grußkarten und Bücher als Auftragsarbeiten in unserer Agentur »Rau Design und Kommunikation« geschrieben. Diese Arbeiten sind dem künstlerischen Leiter von Linotype (internationaler Schriftenvertreiber) aufgefallen. Linotype beauftragte mich eine kalligrafische Schrift zu entwickeln, welche als Computerschrift angeboten wird – die »Wiesbaden Swing«.“

 Rosemarie Kloos-Rau



Karin H. Schleines:

Frau Kloos-Rau, Sie haben ja eine ganz besondere Schrift entwickelt, die uns allen bekannt ist, die »Wiesbaden Swing«. Bevor ich auf Ihre Schrift zu sprechen komme, möchte ich den Fokus auf das Thema Handschrift, insbesondere Schreibschrift, legen. Sie beschäftigen sich mit diesem Thema ja schon sehr lange. Gemeinsam mit Ihrem Mann, Michael Rau, haben Sie 1993 das Buch »Schreibschriften« veröffentlicht.

Ich habe den Eindruck, die Handschrift triftet leider immer mehr in den Hintergrund zugunsten der Digitalität. Ich habe in Vorlesungen festgestellt, dass Teilnehmende zwar mitschreiben, aber auf die digitale Art und nicht wie wir damals händisch. Warum ist das Schreibschrift-Schreiben so wichtig für uns alle, und gibt es weitere Gründe, warum man heutzutage eher auf digitale Medien »zu Lasten« der Handschrift zurückgreift?

Rosemarie Kloos-Rau:                         

Wir aktivieren beim Schreiben mit der Hand 12 Hirnareale, 30 Muskeln und 17 Gelenke. Das ist eine wichtige feinmotorische Aufgabe, um unser Gehirn effektiv zu nutzen. Das Verbinden von Buchstaben zu Wörtern beim händischen Schreiben schult unsere Motorik und lässt uns Inhalte gut verstehen, und wir können uns später an das Aufgeschriebene besser erinnern. Ein Zitat von Prof. Richard Sennett (Soziologe) fasst dies prägnant zusammen: »Die Trennung von Kopf und Hand schadet letztlich auch dem Kopf.«
Das digitale Schreiben geht durch die neuen Medien (WhatsApp, Twitter, E-Mails …) schnell und ist leichter archivierbar.

Karin H. Schleines:

Was kann die Gesellschaft, was können wir tun, um der Handschrift mehr Gewicht zu verleihen?

Rosemarie Kloos-Rau:

Sich bewusst machen, dass die Handschrift zur Persönlichkeit gehört und man sich damit sehr individuell sichtbar ausdrücken kann. Ich denke an den Feldpostbrief meines Vaters, den er seiner Mutter 1942 geschrieben hat, die Kochrezepte meiner Mutter handschriftlich in einem Buch zusammengetragen oder das Eintragen in Gästebücher, die Beschriftung von Fotoalben …. Wer schreibt der bleibt – Computerschriften sind austauschbar. 

Karin H. Schleines:

Sie geben Kurse rund um die eigene Handschrift. Welche Impulse möchten Sie mit diesen Kursen geben und wer nimmt denn an solchen Kursen teil?  

Rosemarie Kloos-Rau:

Wichtig ist: Die eigene Handschrift genau anzuschauen, seinen Lieblingstext oder ein Zitat in Ruhe zu schreiben, über Inhalte nachzudenken und eine schöne äußere Form zu finden. Vielleicht auch den ein oder anderen Buchstaben im Schriftbild zu verändern oder lesbarer
zu gestalten. 

Die Kursteilnehmenden kommen aus unterschiedlichen Bereichen und Altersgruppen.
Es sind Studierende, Lehrkräfte, Angestellte, Architekten und Musikerinnen, aus der Unternehmensleitung …. Kurse für Kinder sind auch gefragt.

Karin H. Schleines:

Könnten Sie den Lesern hier einmal drei Tipps mit auf den Weg geben, wie man
die eigene Handschrift optimieren kann? 

Rosemarie Kloos-Rau:

Das Schreibinstrument ist sehr wichtig. Schreiben Sie mit einem Füller, einem Fineliner oder einem weichen Bleistift. Bitte nicht mit dem Kugelschreiber. 

Auch das Papier ist wichtig. Auf einem Büttenpapier oder einem Feinpapier mit Struktur sieht Ihre Schrift ganz anders aus als auf einem glatten Kopierpapier, das ist dafür nicht gemacht.

Schreiben Sie langsam. Nehmen Sie sich Zeit, Ihre Handschrift neu zu entdecken. 

Karin H. Schleines:

Was sollte man beim Kauf eines guten Schreibgerätes beachten? 

Rosemarie Kloos-Rau:

Das ist sehr individuell. Manche bevorzugen eine breite Federspitze, manche eine runde oder feine. Probieren Sie das Schreibinstrument in Fachgeschäften aus und lassen Sie sich beraten. 

Karin H. Schleines:

Ihre Schrift, die Sie entwickelt haben, ist in den Medien sehr präsent. 2010 wurde die handschriftliche Urform der Schrift in die Berliner Sammlung Kalligrafie im Archiv der Akademie der Künste aufgenommen. Im Januar 2022 hatten Sie die Schrift in der Ausstellung »Wiesbaden Swing: Eine Schrift tanzt um die Welt« im Rathaus in Wiesbaden der breiten Öffentlichkeit gezeigt. 

Was war der Grund, damals eine neue Schrift zu entwickeln und warum ist sie so erfolgreich? 

Rosemarie Kloos-Rau:

Linotype hatte eine neue Marketingidee »Calligrafie for print«. Es sollte eine Handschrift als Computerschrift digitalisiert werden, um eine individuelle, persönliche Anmutung darzustellen. Das war 1991 etwas Neues.

Meine Schrift kommt aus dem künstlerisch kalligrafischen Bereich und ist kaum vergleichbar mit anderen digitalisierten Schreibschriften oder mit dem aktuellen Handlettering. Ihr Einsatz ist im technischen als auch im emotionalen Bereich möglich. Das macht den weltweiten Erfolg aus. Die Ausstellung im Rathaus Wiesbaden hat das gezeigt. 

Karin H. Schleines:

Wird »Wiesbaden Swing« weiterentwickelt? 

Rosemarie Kloos-Rau:

Ja, im Januar 2023 hat die »Wiesbaden Swing« ein »Facelifting« erhalten. Einige Buchstaben und Zeichen sind verändert bzw. dazu gekommen. Der Illustrationsfont »Wiesbaden Swing Dingbats« gehört auch dazu.

 


 


 

 



Karin H. Schleines:

Sie beraten gemeinsam mit Ihrem Mann sehr viele Unternehmen in ihrem
Auftritt nach außen und nach innen, designen zahlreiche Kommunikationsprozesse und geben dem Auftritt des Unternehmens quasi den »letzten Schliff«.  Sie geben Seminare, sind sogar Dozentin an Hochschulen. Sie sind eine vielbeschäftige Frau. Gibt es Dinge, die Sie als Ausgleich zu Ihrer Arbeit besonders mögen, z. B. Sport, Theater?

Rosemarie Kloos-Rau:

Ich gehe gerne ins Theater (besonders in die Oper) und zu Kulturveranstaltungen. Besuche in der Lutherkirche zum Gottesdienst tun mir gut, und ich wandere gerne. Besonders viel Kraft und Inspiration gibt mir meine Familie.  

 Zu guter Letzt – die schnelle Runde:  Äppelwoi oder Riesling?

Karin H. Schleines

Rosemarie Kloos-Rau

Stellen Sie sich vor, Sie gewinnen   eine Ferienreise. Es werden Ihnen zwei Feriengebiete vorgeschlagen: Toskana oder Amrum. Welche Destination wählen Sie?

 Toskana

Sie sind in ein Restaurant eingeladen. Es werden Ihnen folgende Gerichte angeboten: Frankfurter „Grie Soß“ oder Lachsnudeln. Welches Gericht wählen Sie? 

 Grie Soß

Stellen Sie sich vor, Sie treffen sich mit Freunden zu einem Spieleabend.

Welches Gesellschaftsspiel würden Sie auswählen?

Spiel des Lebens oder Scotland Yard? 

 Scotland Yard

Ihr Lieblings-Eiscafé bietet Ihnen zwei verschiedene Eissorten zum Testen an. Welche würden Sie probieren?

Rieslingeis oder Eis mit Chili? 

Eis mit Chili

Ihr Lebensmotto lautet?

Kommunikation führt zur Gemeinschaft.

 

Karin H. Schleines:

Vielen Dank für das Gespräch, Frau Rau. 

Rosemarie Kloos-Rau:

Sehr gerne, liebe Frau Schleines, es hat mir Freude gemacht Ihre Fragen zu beantworten.

 

Für alle Interessierte:

Hier kann man die Wiesbaden Swing kaufen:

www.linotype.com/de/175424/wiesbaden-swing-regular-product.html

Die Termine für das Seminarangebot »Beim Schreiben wird die Seele federleicht« entnehmen Sie bitte der Homepage: https://www.rau-design.de/


Liebe Leserin, lieber Leser, ich hoffe, wir konnten Ihnen mit diesem Interview einige Impulse geben.

Ich wünsche Ihnen bis zum nächsten Blogbeitrag eine gute Zeit.

Bleiben Sie inspiriert.


Herzlichst

Ihre

Karin Schleines



Foto: Cornelia Renson, Wiesbaden